Neurozentriertes Training – der Unterschied zu klassischen Ansätzen

 

Der klassische Umgang mit Beschwerden am Bewegungsapparat oder Leistungseinschränkungen

Bei Problemen mit dem Bewegungsapparat werden innerhalb konventioneller Ansätze typischerweise die Strukturen behandelt, die Beschwerden oder Leistungseinschränkungen zeigen (z.B. durch die alleinige Betrachtung des Knies bei Knieschmerzen).  Zur Behandlung von typischen Beschwerdebildern wie z.B. bei Rücken- oder Nackenschmerzen stehen eine Reihe von Verfahren zur Verfügung, wie z.B. in der klassischen Physiotherapie Ultraschall, Strom, Gelenkmobilisation oder Massagen. Der Fokus klassisch-medizinischer Ansätze liegt dabei oft auf der raschen Reduktion der Symptome, was z.B. mit entzündungshemmenden Medikamenten angestrebt wird. Wenn solche Interventionen nicht erfolgreich sind, werden bildgebende Verfahren, wie z.B. MRT eingesetzt, um einen Überblick auf strukturelle Faktoren zu bekommen.

 

Degenerative Erscheinungen und “abnorme” Kennwerte werden dann schnell als Ursache für die Beschwerden deklariert und als “altersbedingt” abgegolten. Das Resultat ist nicht selten, dass der betroffene Mensch mit pauschalen Hinweisen nach Hause geschickt wird (z.B. “Am besten Sie fahren Fahrrad”, “Halten Sie sich in Bewegung”, oder im schlimmsten Fall: “In Ihrem Alter können Sie nicht mehr viel erwarten”) oder sich gar einer Operation unterzieht. Dadurch werden jedoch nicht die Bewegungen verändert, die evtl. zu der Situation beigetragen haben (z.B. Bewegungsmuster im Gehirn). Dazu kommen noch weitere Probleme, die durch OP-bedingte Zerstörung von Bindegewebe und die angenommenen Schonhaltungen und -bewegungen entstehen.

 

Bei Beschwerden am Bewegungssystem werden oft pauschale Empfehlungen ausgesprochen (z.B. „Am besten Sie fahren Fahrrad“). Dies wird keinem Individuum gerecht.

Bei Beschwerden am Bewegungssystem werden oft pauschale Empfehlungen ausgesprochen (z.B. „Am besten Sie fahren Fahrrad“). Dies wird keinem Individuum gerecht. Bildquelle: pexels.com

Hand drawn line art anatomically correct human brain. Da Vinci sketches style over grunge aged paper background vector illustration. Enscription is latin term

Die Bewegungsorganisation des Körpers ist zentral über das Nervensystem gesteuert und daher so unterschiedlich wie ein Fingerabdruck. Daher ist ein neurobasierter Ansatz immer individuell.

Bildquelle: fotalia.com, ©coisy

 

Auf der anderen Seite gibt es ein steigendes Angebot an Fitness- und Rehabilitationssport- sowie Therapiemöglichkeiten, Zeitschriften, Bücher, Online-Kurse und Apps, neuartige Geräte, vom einfachen Krafttrainingsgerät bis hin zu hoch-technologisierten Systemen. Trainer und Therapeuten mit unterschiedlichsten Qualifikationen versuchen sich den Aufgaben Schmerzbewältigung, Bewegungsqualität und Steigerung der Leistungsfähigkeit zu stellen. Es scheint jedoch wenig Ansätze zu geben, die den Menschen individuell betrachten und sowohl die persönliche Vergangenheit als auch aktuelle Faktoren mit in die Betrachtung ihrer Situation einzubeziehen. Wenn überhaupt, wird bei klassischen Ansätzen versucht, die Bewegungsformen sozusagen “von außen” zu verbessern, z.B. durch Kräftigungs-, Stabilisations- und Dehnungsübungen, die eine muskuläre Dysbalance am Ende ausgleichen sollen. Diese Sichtweise ist symptomorientiert, denn das Spannungsgefüge zwischen unseren Muskeln des Bewegungsapparates wird primär über das Gehirn als Schaltzentrale gesteuert. Schließlich gibt es Gründe dafür, WARUM sich eine muskuläre Dysbalance im Laufe des Lebens entwickelt, die sehr vielfältig sein können.

 

 

Was jedoch immer passiert, ist die Regelung des Muskeltonus über unser zentrales Nervensystem. Durch jahrelangen Fehlgebrauch ganzer Muskelketten kommt es dann zu den klassischen Überlastungserscheinungen wie z.B. Karpaltunnelsyndrom, Spannungskopfschmerzen, Plantarfasziitis, “Läuferknie”, Impingementsyndrom, etc.

Eine Behandlung, die jedoch nur die überlasteten (oder unterforderten) Strukturen im Blick hat und nicht die Regelkreise, die zu dieser Situation beitragen, kann als “mechanisch” benannt werden.

Therapie und Training des Nervensystems – Der Fokus liegt auf der “Software”

In meiner Arbeit fokussiere ich mich nicht nur auf das Resultat (Schmerz, Leistungseinschränkung), sondern auf die möglichen Faktoren, die das Resultat erzeugen. Hier spielt vor allem das Nervensystem eine bedeutsame Rolle. Warum ist das Nervensystem so wichtig für den Organismus?

Unser Gehirn sammelt permanent Informationen aus unserer Umwelt, die aufgenommen, gefiltert, verarbeitet und interpretiert werden müssen. Nach dieser Informationsaufnahme und -interpretation erfolgt entweder eine Verringerung oder eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit (stark vereinfacht gesehen).

Daniel Müller, Neurokinetische Therapie, NKT,

Wenn das Nervensystem jedoch einen oder mehrere Reize (z.B. Wahrnehmung eines Gelenks, Muskelspannung, Narbengewebe, aber auch andere Faktoren wie Nahrungsmittel und psychosoziale Stressoren) negativ bewertet, verändert sich auch der Output negativ (z.B. größeres Schmerzempfinden, übermäßige Stressreaktion, Entzündungsreaktionen, verringerter Bewegungsspielraum, weniger Kraftleistung, etc.). In der Therapie ist dies z.B. bei chronischen Schmerzpatienten dadurch ersichtlich, dass nur wenige und oftmals minimale Reize ausreichen, einen Schmerzzustand zu intensivieren. Das Nervensystem ist sozusagen “übersensibel”.

 

  

Im Bereich des Bewegungsapparates finden sich bei Schmerzen oder Leistungseinschränkungen oftmals neuronal gesteuerte Kompensationsmuster vor, die auf einer gestörten Reizwahrnehmung und / oder Interpretation des Nervensystems beruhen. Das heißt, dass z.B. ein überdehntes Band im Sprunggelenk, genauso wie z.B. eine bestimmte Augenbewegung vom Gehirn als „fehlerhaft“ wahrgenommen oder interpretiert werden und dadurch der Output (die Bewegungssteuerung) und daher das gesamte System durcheinandergebracht wird. Mit einer Kombination aus neurozentrierten Ansätzen wie NeurokineticTherapy (NKT), Z-Health und weiteren Systemen bin ich in der Lage, diese fehlerhaften Bewegungsmuster zu analysieren dadurch zu ermitteln, welches Training jeder Klient braucht.

Aber nicht nur im therapeutischen Bereich ist ein neurobasierter Ansatz notwendig und erfolgsversprechend. Gerade im Leistungssport ist es wichtig, jede noch so kleine Reserve aus den Athleten herauszuholen. Bisher bewährte Ansätze, wie z.B. klassisches Krafttraining oder Stabilisationstraining stützen sich dabei auf die oben beschriebene “mechanischen” Sichtweise des Körpers.

Neurobasierte Ansätze dagegen blicken auf das Gehirn als zentrales Steuerorgan und versuchen Leistungsreserven sozusagen durch Optimierung der “Software” zu mobilisieren. So ist es mittels neuro-funktionellen Tests möglich, die Qualität sportartspezifischer Bewegungen gezielt zu testen und herauszufinden, wie gut das zentrale Nervensystem die sportlichen Bewegungen organisiert.

Im Rahmen meiner Tätigkeit als Sport- und Bewegungstherapeut und Trainer verbinde ich meinen Wissens- und Erfahrungsschatz aus neurobasierten Ansätzen und Natural Movement zu einer individuellen Herangehensweise, die auf hohe Bewegungsqualität abzielt, egal ob in der Therapie oder im Hochleistungssport. Ich kombiniere medizinisch-therapeutisches Wissen mit neurowissenschaftlichen Erkenntnissen, einem breiten Verständnis für menschliche Bewegungen und Trainingslehre sowie einem bio-psycho-sozialen Modell von Gesundheit.